Montag, Juli 31, 2006

mein wunderbares wochenende

ich war am wochenende auf einem gartenfest bei limburg und tummelte mich zwischen zahlreichen esoterikern von der new-age front. alles fröhliche und entspannte menschen, deren mäulchen nicht stille sein konnten, zu schwärmen von diversen meditationsseminaren, rückführungsworkshops, aufgestiegenen meistern, erleuchtung und kalenderweisheiten für jede gelegenheit. mit anke kam ich ins gespräch. eine sehr nette frau, die shihatsu, tcm und anderes gelernt hat und im moment sich auf die hp prüfung vorbereitet. sie hat eine praxis und offenbar etliche patienteninnen, die ihr vertrauen. sie arbeitet schwerpunktmäßig mit - engeln. lebhaft erzählte sie mir davon. was die engel ihr sagen, wo sie diese spürt, wie sie mit ihnen spricht, das rafael direkt hinter ihr steht wenn sie heilt. manchmal, in schwierigen fällen muss sie michael dazu bitten.
dann demonstrierte sie mir ausserordentlich überzeugend ihre fähigkeiten und es besteht für mich überhaupt kein zweifel an ihren besonderen fähigkeiten.

ich muss ja immer alles genau wissen also fragte ich sie woher sie denn wüsste, das es engel seien und auch noch so genau welche? sie antwortete mir, das sie das nicht sagen könnte, aber es spüren würde. nun gut. ich fragte sie woher die engel denn kommen? sie lächelte und erwiderte mir: das sei eine gute frage, sie schwieg für einen ganz kurzen moment, erzählte mir dann von ihrem gottesbegriff, das gott die welt erschaffen hat um sich selbst anschauen zu können, das die engel von da kommen, eigentlich alles gott sei. ich bohrte weiter: wenn ich also gott bin, wer ist dann ich? sie verstand sofort und entgegnete etwas über das ego. nein nein, sagte ich ihr, nicht ego sondern das was die freiheit hat von gott, das was ich bin, mein selbst - eben ich. ja, sagte sie das gibt es auch und das wäre auch wichtig. ich fragte sie, wie sie sich denn sicher sein könnte, dass das, was sie engel nennt nicht nur ihre eignen vorstellungen sind und keine echten engel. diese frage überraschte sie. sie sagte, dass sie es nicht wüsste, es nicht sagen könnte und es schlussendlich egal ist, solange es funktioniert. da musste ich ihr zustimmen.

in diesem bunten kreis, den ich kennenlernen konnte an diesem wochenende wird also fröhlich gechannelt, aura betrachtet, geheilt und was weiß ich noch, aber jedenfalls wird nicht nachgedacht über das was es ist, sondern da wird hellsichtigkeit gelehrt, einweihungsseminare besucht, osho zitiert, auf jesus verwiesen, griechische archetypen verglichen mit den maja-überlieferungen ... es hört nie auf! alles ist zeichen und hinweis und zufälle gibt es natürlich nicht. alles ist eins, alles ist gut und es wird immer besser. ein bunter kramladen aus versatzstücken zu einem entzückenden weltbild neu zusammengesetzt und wenn es an einem ende irgendwie grad zwackt und nicht passt, dann klebt man ein stück gehörtes oder gelesene über die aboriginals dazu, dann passt es wieder.

gruselig für mich, die ich immer alles genau wissen muss. aber es funktioniert scheinbar trotzdem.

es ist keine neuigkeit für anthrophosophen, das diese medialen fähigkeiten und halbbewussten zustände existieren und ergebnisse zeitigen. aber anders als die modernen new-age esoteriker gehen die anthros, wie ich an diesem wochenende erfahren habe, einen schritt weiter. dank rudolf steiners schriften und vorträgen können wir mit einem äusserst komplexem gebilde einer weltanschauung arbeiten, das kaum fragen nach - was die welt im innersten zusammenhält - offen lässt. das versetzt mich in die lage, meinen blick in die zukunft zu richten, denn die vergangenheit stellt sich mir schlüssig dar - aberwitzig zwar bisweilen, aber schlüssig meist (mir ist erst einmal etwas nicht plausibel erschienen in einem steiner vortrag). die eso´s schauen in die vergangenheit und stricken an gedankengebilden für die gegenwart - das sie damit an der zukunft arbeiten ist nicht in frage gestellt, aber sie gestalten die zukunft nicht bewusst, sondern eben die gegenwart. die eso´s sind immer nur hier und jetzt, sie kennen die kräfte mit denen sie arbeiten nicht, sie studieren die geistige welt nicht, sie geben sich ihr hin, machen sich zum werkzeug der geistigen welt. das ist nichts schlechtes, wenn es funktioniert und gut rauskommt, aber damit ergreifen sie ihre freiheit nicht. nicht sie heilen, sondern durch sie heilt etwas. nicht sie gestalten die welt, sondern durch sie gestaltet etwas die welt. was es ist, vor welchem hintergrund es wirkt und zu welchem ziel es führt bleibt unhinterfragt. damit bewegen sich die eso´s fest verhaftet auf der rein materiellen ebene im denken, vorstellen und erleben. etwas ausserhalb von ihnen wird wirksam, das sie nicht erkennen können und nicht kennen wollen. indem sie sich diesem zur verfügung stellen, sie nennen es dienen, erreichen sie ihre erfüllung. (klingt irgendwie katholisch oder??) das was von aussen, von gott, den engeln oder weiß ich woher kommt, bleibt unbekanntes terrain, die geistige welt existiert, ihr wird vertrauen entgegengebracht und wunder werden durch sie gewirkt.

die modernen medien, hellsichtigen und heiler machen ihren job gut, sie geben den menschen anlass in ihre selbstheilungskräfte zu vertrauen und eröffnen ihnen die möglichkeit ihre fragen nach dem woher und wohin stellen zu können. ja sie heilen auch, meist irgendwelche zipperlein - blockaden auflösen z.b., aber offenbar können sie auch patienten, die kurz davor stehen eine niere zu verlieren via fernheilung im krankenhaus unterstützen.
aber, was ist wenn jemand es genau wissen will, wenn jemand angestossen wird seine fragen zu stellen und er sie stellt? wenn die heiler und medien diesen dann nur in die esoterische bücherecke verweisen könne, ihn so auf den weg in ein schier undurchdringliches versatzteillager ohne lageristen schicken, der wenigstens grob christus von krishnamurti unterscheiden kann? wenn ich mir das im detail ausmale, dann komme ich zu dem schluss: das ist ziemlich mager und wirklich nicht lustig.

das also war mein bericht vom wochenende bei limburg.

2 Comments:

Blogger Jens R. Prochnow said...

Danke für den sehr schönen Limburger Bericht! Aber nichts hasse ich mehr als solche Sätze:

sie sagte, dass sie es nicht wüsste, es nicht sagen könnte und es schlussendlich egal ist, solange es funktioniert. da musste ich ihr zustimmen.

Da gibt es nichts zuzustimmen, denn es ist alles andere als egal wie etwas ist, "solange es funktioniert". Dennoch Dir besten Dank für dies penetrante Nachfragen besagter Dame gegenüber.

19:27  
Anonymous Anonym said...

lieber jens,

ntürlich ist es nicht egal ...

aber du musst nicht gleich aus der leibfreien haut fahren. leibhaft hat dieses gespräch auf manchen ebenen stattgefunde. wir waren gesprächspartner und keine -gegner. ich habe die dame anke tatsächlich verstanden und das ist gut so, ansonsten hätte ich meinen bericht nicht schreiben können.

ich denke man kann mehr voneinander erfahren, der denkart etc, wenn man "versteht", nicht wenn man um richtig oder falsch streitet.

die eso´s, zumindest anke, wird vermutlich schon noch ihre fragen stellen, sie ist klug und selbstbewusst - nur weiß sie es noch nicht.

aber natürlich verstehe ich auch deinen einwand. es kommt auf die situation und mich an, ob ich offen bleibe oder dicht mache. bei anke konnte ich offen bleiben.

aber ehrlich gesagt, hätte ich garkeine lust mit eso´s über die hierachien zu streiten - schliesslich betracheten wir die scheinbar selbe sache nicht aus gleicher perspektive - tja, und wo sollte ich da beginnen bzw. wo enden... - das wäre nur ermüdend.

bg ruth

21:35  

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